Das Städel Museum präsentierte eine Einzelausstellung des Künstlers Marc Brandenburg. Rund 130 Zeichnungen und eine Videoarbeit wurden in einer einzigartigen Rauminstallation in der Sammlung Gegenwartskunst gezeigt: In Schwarzlicht gehüllt wirken Brandenburgs ins Negativ verkehrte Zeichnungen wie ein visuelles Tagebuch aus Gedanken, Erinnerungen und Sinneseindrücken der letzten 30 Jahre.
Im Zentrum des künstlerischen Schaffens von Marc Brandenburg steht die Zeichnung. Seit Anfang der 1990er-Jahre entwickelt der Künstler sein zeichnerisches Werk, das auch als eine schier endlose Serie aufgefasst werden kann. Dafür greift er auf einfachste Mittel zurück: die Kamera, einen Kopierer, später Computer sowie Papier und Bleistift. Als Ausgangspunkt für seine Zeichnungen dienen ihm überwiegend selbst aufgenommene Fotografien, aber auch Fremdmaterial. Mithilfe des Kopierers oder eines Bildbearbeitungsprogramms invertiert er diese Fotografien und überträgt die so ins Negativ verkehrten Bildmotive in die Zeichnungen. Mal führt er dabei den Hintergrund genauestens aus, mal ist das Motiv freigestellt; mitunter ist es auf den leeren Bildgrund montiert, sodass es im Raum zu schweben scheint. Die Präsentation seiner Werke in Schwarzlicht erweitert die Bleistiftzeichnungen um eine zusätzliche Ebene und vereinheitlicht die unterschiedlichen Inhalte zu einer einzigen Flut an Bildern – oder wie es der Ausstellungstitel beschreibt: einem Hirnsturm. Den Themen und Akteuren seiner Motive begegnet der Künstler in seinem urbanen Umfeld: von banalen Gegenständen wie Plastikspielzeug über Idole aus der Popkultur und kostümierte Menschen, die zu Fantasiewesen mutiert zu sein scheinen, bis hin zu Demonstranten oder Schlafplätzen von Obdachlosen. Es schwingt immer eine gewisse Doppeldeutigkeit mit. Heitere Themen können abgründig wirken, während beklemmende Lebenswelten eine eigentümliche Schönheit ausstrahlen. Brandenburg bewertet nicht, sondern hält fest, was er sieht.
Auch in seiner Videoinstallation Camouflage Pullover von 2018 geht es unverstellt um Lebensrealitäten. Brandenburg blickt aus der Perspektive einer deutschen, schwulen Person of Color auf eine von Rassismus und Vorurteilen geprägte Welt: Durch die Verhüllung mittels einfacher Pullover mit angestrickten, rassistisch-stereotypen Gesichtern und Händen legt er diese Missstände schonungslos offen. Wer wirklich hinter der Maske steckt, bleibt den Passanten verborgen – ein nur scheinbar spielerisches Hinterfragen von Identitäten, wie es vielen Menschen im realen Leben nicht möglich ist.
Kuratorin Städel Museum: Svenja Grosser (Stellvertretende Sammlungsleiterin Gegenwartskunst)
Grundkonzept: Sara Bernshausen (Stellvertretende Leitung PalaisPopulaire) gemeinsam mit Marc Brandenburg
Eine Ausstellung in Kooperation mit dem PalaisPopulaire, Berlin