Sie ist eine Zeitenwende in der Geschichte der Kunst: die Malerei der Renaissance. Was in Italien seinen Anfang nahm, entwickelte sich im Norden Europas zu etwas völlig Neuem – mit den Malern Hans Holbein d. Ä. (um 1464–1524) und Hans Burgkmair (1473–1531) als Wegbereiter dieser einzigartigen Kunst. Ihr Zentrum war die freie Reichs- und Handelsstadt Augsburg, die sich in nur wenigen Jahrzehnten zur Hauptstadt einer deutschen und zugleich internationalen Renaissance entwickelte. Kein anderer als einer der größten deutschen Renaissancemaler der Zeit, Hans Holbein d. J. (1497–1543), machte diese Kunst schließlich europaweit bekannt.
Das Städel Museum widmete sich dieser faszinierenden Epoche der Kunst. Erstmals wurden die wichtigsten Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken Holbeins d. Ä. und Burgkmairs in einer Ausstellung zusammengeführt, ergänzt durch Arbeiten weiterer Augsburger Künstler aus der Zeit von ca. 1480 bis 1530 sowie durch bedeutende Werke deutscher, italienischer und niederländischer Meister. Albrecht Dürer, Donatello, Jan van Eyck oder Hugo van der Goes haben das Schaffen von Holbein d. Ä. und Burgkmair nachhaltig geprägt. Mit 180 bedeutenden Kunstwerken aus führenden internationalen Museumssammlungen entstand ein Überblick über die verschiedenen stilistischen Besonderheiten der Malerei der Renaissance im Norden. Ein Höhepunkt der Frankfurter Ausstellung war die Präsentation der beiden Meisterwerke von Hans Holbein d. J., der „Madonna des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen“ (1526–1528) aus der Sammlung Würth und der „Solothurner Madonna“ (1522) aus dem Kunstmuseum Solothurn.
Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt am Main und des Kunsthistorischen Museums Wien
Kurator Städel Museum
Prof. Dr. Jochen Sander (Stellvertretender Direktor und Sammlungsleiter holländische, flämische und deutsche Malerei vor 1800)
Entdecken Sie die Werke der Ausstellung in der Digitalen Sammlung.
Internationale Tagung des Städel Museums und des Kunsthistorischen Museums Wien aus Anlass der Ausstellung „Holbein und die Renaissance im Norden“.
16. Februar bis 17. Februar 2024
Die Tagung „Hans kann’s! Vorzeichnung – Unterzeichnung – Malerei im Schaffen von Holbein und Burgkmair“ wurde im Rahmen der Ausstellung „Holbein und die Renaissance im Norden“ vom Städel Museum in Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien organisiert und fand vom 16.–17. Februar 2024 im Städel Museum in Frankfurt statt.
Exemplarisch wurden die künstlerischen Schaffensprozesse von Hans Holbein d. Ä. und Hans Burgkmair d. Ä. beleuchtet, um so ein besseres Verständnis der individuellen Arbeitsweise und der jeweiligen Werkgenese zu erlangen. Überwiegend im Tandem stellten Kunsthistoriker und Restauratoren neue kunsttechnologische und kunsthistorische Ergebnisse vor, die – teilweise im Zuge jüngster Restaurierungsmaßnahmen - mittels Infrarotreflektographie (IRR), Röntgenfluoreszensanalyse (XRF) und Multispektralanalyse erarbeitet worden waren.
Folgende Vorträge wurden gehalten:
Baltasar Sprengers „Merfart“ (1508) im Kontext
Interdisziplinärer Workshop der Städel-Kooperationsprofessur am Kunstgeschichtlichen Institut der Goethe-Universität und des Städel Museums aus Anlass der Ausstellung „Holbein und die Renaissance im Norden“. Mit freundlicher Unterstützung der Eva-Maria und Jürgen Mann-Stiftung.
18. Januar bis 19. Januar 2024
In der Hoffnung auf große Gewinne im Gewürzgeschäft finanzierten Augsburger und Nürnberger Kaufleute 1503 drei Schiffe einer portugiesischen Flottenexpedition. Deren Ziel war es, in West- und Ostafrika sowie Indien sichere Häfen und Verbündete für den europäischen Handel zu etablieren, um indische Gewürze direkt importieren zu können. Im Auftrag des Welser’schen Handelshauses war Baltasar Sprenger mit an Bord. Sein Reisebericht, die „Me[e]rfa[h]rt“, wurde 1508 mit aufwändigen Holzschnitten nach Entwürfen Hans Burgkmairs d. Ä. in Augsburg erstmals gedruckt. Bereits ein Jahr später erfolgte in Oppenheim am Rhein bei dem auch mit Frankfurt eng verbundenem Verleger Jakob Köbel der erste von zahlreichen Nachdrucken.
Waren bis zu dieser Publikation die antiken Vorstellungen von bizarren, menschenähnlichen Geschöpfen, die südlich des Äquators leben sollten, vorherrschend gewesen, so vermittelten Burgkmairs Illustrationen nun erstmals den Eindruck „authentischer“ Bilder der Menschen in den besuchten Ländern. Den ästhetischen Vorstellungen der Renaissance folgend, scheinen die Bilder die literarischen Beschreibungen der Personen, ihrer Kleidung oder Gebrauchsgegenstände zu verbildlichen. Dabei gehen Burgkmairs Bilder über die Beschreibungen Sprengers hinaus und suggerieren eine Augenzeugenschaft mit sehr konkreten Kenntnissen der jeweiligen Königreiche.
Das Interesse an Sprengers Bericht und Burgkmairs Bildern muss enorm gewesen sein: Unmittelbar nach Erscheinen wurde der Druck mehrfach kopiert, übersetzt und sogar plagiiert. Bis heute entfaltet dieser Text, vor allem aber seine Bebilderung und ihre scheinbare Augenzeugenschaft, in der europäischen Imagination Afrikas und Asien seine Wirkung.
Umso mehr erstaunt, dass grundlegende Fragen zu dieser Publikation und ihrer Bebilderung bis heute unbeantwortet sind. Weder ist die Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte der „Merfart“ geklärt, noch wurden die vermeintlichen Augenzeugenberichte mit afrikanischer und indischer Geschichtsüberlieferung abgeglichen, obwohl Burgkmairs Illustrationen und Sprengers Text anderen Überlieferungen widersprechen. Zudem lassen sich Topoi aus dem gelehrten Diskurs der Zeit nachweisen, die auf konstruierte Fremddarstellungen hinweisen könnten.
Um sich diesen Fragen zu nähern, wurde Sprengers „Merfart“ am 18. und 19. Januar 2024 auf einem interdisziplinären Workshop mit internationaler Beteilung im Städel Museum diskutiert und aus unterschiedlichen Forschungsperspektiven untersucht und analysiert.
Folgende Themen wurden vorgestellt, bzw. sollen in einem Tagungsband publiziert werden:
Gefördert durch
Sparkassen-Finanzgruppe mit Deutsche Leasing AG, Frankfurter Sparkasse & Sparkassen-Kulturfonds des Deutschen Sparkassen- & Giroverbandes, Städelscher Museums-Verein e.V., Dagmar-Westberg-Stiftung
Mit zusätzlicher Unterstützung durch
Fontana Stiftung, Ernst von Siemens Kunststiftung, Christa Verhein Stiftung
Medienpartner
Frankfurter Allgemeine Zeitung, hr – Hessischer Rundfunk, ARTE, Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main
Kulturpartner
hr2-kultur