Hugo Erfurth zählte während der Weimarer Republik zu den wichtigsten Porträtfotografen in Deutschland. Für seine einfühlsamen, das Charakteristische des Modells erfassenden Aufnahmen wurde er vor allem in Künstlerkreisen hochgeschätzt.
Statt aufwendiger Studioinszenierungen mit Requisiten platzierte Erfurth seine Modelle vor einem schlichten Hintergrund. Durch die Reduzierung auf das ‚Wesentliche‘ sollte sich in der Fotografie im buchstäblichen Sinne etwas vom Wesen der Person widerspiegeln.
Erfurths prominente Modelle wie Käthe Kollwitz, Lovis Corinth oder Gertrud Leistikow stammten in den 1920er-Jahren noch aus Kultur und Theater. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurden diese Künstler und viele andere systematisch ausgegrenzt, diffamiert und verfolgt. Um sich weiterhin finanzieren zu können, suchte Erfurth zunehmend Unterstützung bei bekannten Persönlichkeiten aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, die ihre Karrieren unter den Bedingungen des NS-Regimes fortsetzten und sich teilweise mit dessen Strukturen arrangierten. Dazu gehörten etwa Max Planck, der trotz seiner kritischen Haltung im NS-Staat blieb, und Hans von Haberer-Kremshohenstein, der als Chirurg tätig war.
Aufwendige Edeldruckverfahren verleihen Erfurths Darstellungen eine besondere Tiefe. Dadurch betonte er die Wertigkeit seiner Fotografien. Schon zu seinen Lebzeiten erzielten sie hohe Preise. Erfurth hatte das Ziel, in seinem künstlerischen Schaffen „wahr, klar und lebensecht“ zu bleiben – ungeachtet der politischen Kontexte, denen seine Modelle angehörten.
Seit der Umgestaltung des Bereichs Kunst der Moderne in der Dauerausstellung im Sommer 2022 ist erstmals ein dauerhaftes Kabinett für die moderne Fotografie Teil der Sammlungspräsentation. In den 1850er-Jahren begann der erste Sammlungsinspektor des Städel Museums, Johann David Passavant, mit dem Erwerb von Fotografien für die Lehrsammlung.
Der lange aus dem Blickfeld geratene Bestand wurde 2011 und 2013 durch Erwerbungen der Sammlungen von Uta und Wilfried Wiegand sowie Annette und Rudolf Kicken signifikant ausgebaut. Viele weitere Schenkungen und Ankäufe folgten. Mit über 5.000 Fotografien, aus den Anfängen des Mediums bis in die Gegenwart, verfügt das Städel Museum über einen exzellenten Sammlungsbestand, dem dieses Kabinett mit wechselnden Ausstellungen gewidmet ist.
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