Sie sind monumental, aggressiv und trotzig gemalt. Gleichzeitig wirken sie bis heute ambivalent, schicksalhaft und verletzlich: Georg Baselitz’ dramatische und widersprüchliche „Helden“. In explosionsartiger Produktivität entwickelte Baselitz 1965/66 die kraftvolle Werkgruppe der „Helden“ und „Neuen Typen“, die heute weltweit als Schlüsselwerk der deutschen Kunst der 1960er-Jahre gilt. Das Städel Museum präsentierte diese 50 Jahre nach ihrer Entstehung erstmals in einer von Max Hollein kuratierten Ausstellung. Zu sehen waren rund 70 Gemälde und Arbeiten auf Papier.
Georg Baselitz blickte 1965 auf die in vielerlei Hinsicht zerstörte Ordnung im Nachkriegsdeutschland – Ideologien und politische Systeme sowie künstlerische Stile standen zur Diskussion. Dem Künstler kam dieser Mangel an Ordnungen entgegen, denn jegliche Vereinnahmung durch kategorische Einteilungen war und blieb ihm fremd. In seiner skeptischen Grundhaltung betonte er deshalb die zwiespältigen Aspekte seiner Gegenwart. Entsprechend widersprüchlich wirken seine monumentalen „Helden“ im zerschlissenen Kampfanzug, denen ihr Scheitern ebenso eingeschrieben ist wie ihre Resignation. Dass der damals erst 27-jährige Baselitz sich überhaupt dem Thema der „Helden“ bzw. „Neuen Typen“ zuwandte, war per se provokant. Das (männliche) Heldentum und seine einstigen Vertreter waren durch Krieg und Nachkriegszeit fragwürdig geworden. Die inhaltliche Brüchigkeit und Widersprüchlichkeit der „Helden“ findet ihr Äquivalent im Formalen. Die stets mittig frontal gegebene und klar konturierte Figur kontrastiert mit der Wildheit der Farbwahl und Heftigkeit der Malweise. Damit bildet der Künstler eine Wirklichkeit ab, wie sie in der bundesrepublikanischen Erfolgsgeschichte des Wirtschaftswunders nur ungern gesehen wurde. Und das in der damals vermeintlich obsoleten Form der figurativen Malerei.
Es ging in dieser Auseinandersetzung aber um weit mehr als um allgemeine Gesellschaftsfragen. Hier reflektierte der Maler selbst über seine eigene Position im Verhältnis zu dieser Gesellschaft – eine wuchtige Selbstbehauptung und Identitätsbestimmung entgegen aller aktuellen Strömungen der damaligen Zeit.
Weitere Stationen: Moderna Museet, Stockholm; Palaexpo, Rom; Guggenheim Museum, Bilbao
Kurator: Max Hollein (Direktor Fine Arts Museums of San Francisco)
Co-Kuratorin: Dr. Eva Mongi-Vollmer (Städel Museum)
Gefördert durch
Goldman Sachs AG
Medienpartner
Andy Warhol’s Interview Magazine, Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main