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Kunst zu erforschen und zu bewahren ist elementarer Teil der Museumsarbeit. Erfahren Sie mehr über aktuelle Forschungs- und Restaurierungsprojekte und werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen der wissenschaftlichen Abteilungen. Forschenden und Besuchern bieten wir verschiedene Recherchemöglichkeiten  – vor Ort und digital.

Recherchieren
im Städel

Die Graphische Sammlung im Städel Museum bewahrt etwa 100.000 Zeichnungen und Druckgrafiken vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart und gehört zu den bedeutendsten Sammlungen ihrer Art in Deutschland. Lassen Sie sich die sensible Kunst im Studiensaal zeigen. 

In der Bibliothek & Mediathek des Städel Museums erhalten Sie vertiefende Einblicke in die Welt der Kunst. Die Präsenzbibliothek bietet allen Interessierten audiovisuelle Medien, Bilder sowie umfangreiche Literatur.

Das historische Archiv des Städel Museums vereinigt mehr als 150 Jahre Museums- und Sammlungsgeschichte. 

Erfahren Sie mehr und informieren Sie sich über Anmeldung und Öffnungszeiten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Digitale Sammlung

Schlendern Sie digital durch 700 Jahre Kunst oder suchen Sie gezielt nach Ihrem Lieblingswerk.

Aktuelle
Forschungsprojekte

Die museale Forschung erhält und erweitert das Wissen über das kulturelle Erbe, das in Museen bewahrt wird und bildet die wissenschaftliche Grundlage für Sammlungen und Ausstellungen. 

Provenienzforschung & Historisches Archiv

Im Fokus der Provenienzforschung standen im Jahr 2023 vier Werke, für die ein verfolgungsbedingter Besitzerwechsel in den Jahren der NS-Zeit nachgewiesen werden konnte – das Bildnis Prof. Karl Herxheimer (1911) von Ottilie W. Roederstein, dessen Geschichte umfassend aufgearbeitet wurde, sowie drei Objekte, die an die Erben der ehemaligen Eigentümer restituiert und von diesen wieder für das Städel erworben werden konnten: das Damenbildnis (1890) von Fritz von Uhde, das der Kaufmann Gustav Rüdenberg (1868–1941) aus Hannover im Jahr 1937 an die Stadt Frankfurt veräußerte, und zwei barocke Engel eines Altars um 1704 aus der Werkstatt des Meinrad Guggenbichler – seit 1938 im Bestand des Liebieghauses –, die sich einst im Besitz des Arztes David Rothschild (1875–1936) aus Frankfurt befanden. 

Für das historische Archiv des Städel wurde gemeinsam mit der Abteilung Bildung und Vermittlung ein Konzept für ein digitales Archiv entwickelt, um thematisch ausgewählte Bestände aus der über zweihundertjährigen Geschichte des Museums zukünftig online zugänglich zu machen. Pilotprojekt ist der Nachlass Ottilie W. Roedersteins im Roederstein-Jughenn-Archiv. Ausgewählte Bestände aus diesem Konvolut werden voraussichtlich ab Herbst 2024 digital zur Verfügung stehen.

Leitung
Iris Schmeisser

Fritz von Uhde
Damenbildnis (Porträt Therese Karl), 1890

Bestandskatalog „Deutsche Gemälde im Städel Museum 1725–1800“

Das seit 2023 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt widmet sich der wissenschaftlichen Bearbeitung eines bisher kaum erschlossenen Sammlungsbereichs des Städel Museums. Anknüpfend an das Vorgängerprojekt werden nun die im deutschsprachigen Raum entstandenen Gemälde des 18. Jahrhunderts untersucht.

Der erstmals umfassend zu bearbeitende Bestand von 137 Werken zeichnet sich durch eine für die deutsche Malerei des 18. Jahrhunderts typische Heterogenität und starke regionale Prägung aus. Zu den Spitzenstücken zählen Gemälde von Angelica Kauffmann, Jakob Philipp Hackert und das international berühmte Meisterwerk „Goethe in der römischen Campagna“ von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein. Daneben machen kleinformatige Kabinettbilder der sogenannten Frankfurter „Goethe-Maler“ einen Großteil des Sammlungsbereichs aus, darunter Werke von Christian Georg Schütz d. Ä., Justus Juncker, Johann Georg Trautmann und Johann Conrad Seekatz. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Porträts der Frankfurter Patrizierfamilie von Holzhausen und Werken der süddeutschen Rokokomalerei.

Wie alle Bestandskataloge der Altmeistersammlung zeichnet sich auch die Bearbeitung dieser Gemälde durch die enge Verschränkung von kunsthistorischen und gemäldetechnologischen Perspektiven aus. Von der Mikroskopie, über Infrarotreflektografie bis hin zur Mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse kommen dabei aktuelle Untersuchungsmethoden zur Anwendung und bieten Einblicke in den Entstehungsprozess der Werke. Jedes Bild wird mit seiner Geschichte dokumentiert und vor dem Hintergrund kunst- und kulturgeschichtlicher Forschungsfragen diskutiert, wobei Diskurse aus den Bereichen der Künstlersozialgeschichte, der Niederlande-Rezeption und der Kunstmarktforschung von besonderer Relevanz sind. Die Ergebnisse werden in einem wissenschaftlichen Bestandskatalog publiziert.

Projektleitung
Dr. Friederike Schütt

Gemäldetechnologische Untersuchungen
Dipl.-Rest. Lilly Becker

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein
Goethe in der römischen Campagna, 1787

Bestandskatalog Italienischer Barockzeichnungen des 17. Jahrhunderts

Das Forschungsprojekt zu den italienischen Barockzeichnungen des Städel Museums wurde 2021 begonnen und wird von der Stiftung Gabriele Busch-Hauck finanziert. Nach einer Gesamtaufnahme des annähernd 700 Zeichnungen umfassenden Bestandes lag der Fokus auf der Auswahl der 90 zu bearbeitenden Werke, die teilweise zum ersten Mal umfassend wissenschaftlich untersucht werden. Die Ergebnisse dieser Forschungen werden in einem Katalog und einer Ausstellung 2024 der Öffentlichkeit präsentiert. 

Die nach Qualität und Funktion ausgewählten Werke vermitteln einen Eindruck vom breiten Spektrum an Techniken und den vielfältigen Anwendungen des zeichnerischen Mediums im Italien des 17. Jahrhunderts. Zeichnungen von prominenten Vertretern der barocken Kunst – etwa Annibale, Agostino und Ludovico Carracci, Guercino, Gianlorenzo Bernini und Salvator Rosa – werden zusammen mit Werken von heute weniger berühmten Künstlerpersönlichkeiten wie Giovanni Maria Morandi und Ciro Ferri betrachtet. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Bestand führte bereits zu neuen Zuschreibungen und ikonografischen Deutungen sowie zur Etablierung neuer Zusammenhänge innerhalb des Œuvres einzelner Künstler. Dabei spielen die von der Leitung der Restaurierungswerkstatt unternommenen materialtechnischen Analysen der Zeichnungen eine zentrale Rolle. 

Die Bearbeitung der Werke erfolgt in engem Austausch mit den beiden Mentoren des Projektes, Dr. Sonja Brink (Düsseldorf) und Dr. Carel van Tuyll van Serooskerken (Amsterdam), sowie zahlreichen Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaft. Das Projekt der Stiftung Gabriele Busch-Hauck trägt maßgeblich dazu bei, das Erforschen, Ausstellen und Vermitteln des zeichnerischen Bestands am Städel Museum zu stärken.

Projektleitung
Dr. Stefania Girometti

Gian Lorenzo Bernini, Männliches Porträt im Dreiviertelprofil nach rechts, ca. 1635

Gian Lorenzo Bernini
Männliches Porträt im Dreiviertelprofil nach rechts, ca. 1635

Kunsttechnologische Untersuchungen mit der Multispektralkamera

In der Restaurierungswerkstatt für Zeichnung, Druckgrafik und Fotografie gibt es seit Dezember 2022 eine Multispektralkamera. Dieses neu entwickelte, filterlose Kamerasystem (Book2net, Fa. Microbox) ermöglicht schonende Aufnahmen in unterschiedlichen Wellenlängen des Spektralsektors und eröffnet damit bahnbrechende Möglichkeiten der kunsttechnologischen Untersuchung von Arbeiten auf Papier.

Im Unterschied zu Gemälden ist die kunsttechnologische Erfassung von Werken auf Papier noch immer eine Besonderheit. Bisherige Methoden sind angesichts der Vielzahl und Fragilität der Werke oft zu zeitaufwendig, vor allem jedoch invasiv und in konservatorischer Hinsicht eine unzumutbare Belastung. Folglich blieben bisher zahlreiche Forschungsfragen unbeantwortet.

Das neue System ermöglicht berührungsfreie Aufnahmen bei gleichzeitiger Mehrfach-Analyse in kürzester Zeit. Wasserzeichen und Papierstrukturen können sichtbar gemacht werden, Bezeichnungen, Stempel oder gar Kunstwerke auf Rückseiten, die durch Kaschierungen unzugänglich sind, werden ‚lesbar‘. Alte Restaurierungen treten zutage, Alterungsprozesse im Papier sowie Vorzeichnungen sind zu entdecken. Jede Restaurierungsmaßnahme kann dadurch auf Erkenntnissen aufbauen, die das Risiko einer restauratorischen Fehlentscheidung erheblich minimieren.

Selbst beim Erkennen von Fälschungen kann das Gerät helfen, da Zeichenmittel in bestimmten Wellenlängenbereichen unterschiedlich reagieren. Zinkweiß beispielsweise, erst seit 1834 bekannt, kann nicht in einem Werk des 17. Jahrhunderts vorkommen.

Im Städel wird die Kamera zur Analyse der Arbeiten auf Papier vor allem im Bereich der Kunst vor 1900 zur Anwendung kommen. Aktueller Gegenstand der Untersuchung sind insbesondere die italienischen Barockzeichnungen, die dank der Förderung der Stiftung Gabriele Busch-Hauck bearbeitet und in einem Auswahlbestandskatalog publiziert werden.

Leiterin Grafikrestaurierung
Jutta Keddies

Pietro da Cortona, Alexanderschlacht; Auflicht, Durchlicht (Papierstruktur), NIR 940 (Vorzeichnung), UVF 365 nm (Bleiweißhöhungen, biologischer Befall) (v.l.n.r.)

Gemäldeuntersuchungen in der Sammlung Holländische, Flämische und Deutsche Malerei vor 1800

Im Zuge des von der Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung geförderten Kooperationsprojektes des Städel Museums, der Städel-Kooperationsprofessur am Kunstgeschichtlichen Institut der Goethe-Universität, des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums Frankfurt und des Fachbereichs Materialanalytik der Technischen Universität Darmstadt wurden 2021 insgesamt 25 Hauptwerke der Altmeister-Sammlung des Städel Museums mit dem M6 Jetstream untersucht.

Die Makro-Röntgenfluoreszenz (MA-XRF)-Analyse mit dem M6 Jetstream ermöglicht Spitzenforschung auf aktuellstem Stand gemäldetechnologischer Untersuchungsmethoden: Der Röntgenstrahl dringt in die Probe ein und regt dort Element-charakteristische Röntgenstrahlung an, die die Probe auch aus größeren Tiefen wieder verlassen kann. Damit wird es möglich, durch Deckschichten, wie sie bei Gemälden vorkommen können, zerstörungsfrei „hindurchzublicken“. Die MA-XRF-Scans können somit bestimmte Pigmente und deren Verteilung sowie Untermalungen oder Änderungen der Komposition sichtbar machen und unser Wissen über die Mal- und Entstehungsprozesse von Kunstwerken erweitern.

Erste Ergebnisse der MA-XRF-Analysen wurden 2021 in dem von Almut Pollmer-Schmidt erarbeiteten wissenschaftlichen Bestandskatalog „Deutsche Gemälde im Städel Museum 1550–1725“ zu den Gemälden von Adam Elsheimer und Georg Flegel publiziert. Im Vorfeld der Sonderausstellung „Nennt mich Rembrandt!“ wurden außerdem die Rembrandt-Gemälde der Sammlung untersucht. Die MA-XRF-Analyse brachte insbesondere bei der Blendung Simsons herausragende neue Erkenntnisse zur Bildgenese hervor, die auf der Internationalen Tagung „Rembrandt im Spiegel neuer technologischer Untersuchungen: Gemälde – Druckgrafik – Zeichnungen“ am 21. und 22. Januar 2022 erstmals online vorgestellt wurden.

Ein weiterer Schwerpunkt der gemäldetechnologischen Forschungen lag, in Kooperation mit dem Institut für Konservierungswissenschaften der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, auf der Erprobung einer neuen Methode von Infrarotuntersuchungen mit LED-Panelen. Durch den Einsatz von fünf LED-Infrarot-Panelen, die verschiedene, klar definierte Wellenlängenbereiche des infraroten Spektrums emittieren, können Absorptionseigenschaften verschiedener Unterzeichnungsmaterialien studiert und die Unterzeichnungen insgesamt deutlicher sichtbar gemacht werden. Die Infrarotaufnahmen sollen die bereits vorhandenen Befunde zu den altniederländischen Gemälden im Hinblick auf die geplante Neuauflage des Bestandskatalogs „Niederländische Gemälde im Städel 1400–1550“ schärfen und ergänzen.

Ansprechpartner
Prof. Dr. Jochen Sander, Sammlungsleiter Deutsche, Holländische und Flämische Malerei vor 1800

Bestandskatalog „Deutsche Gemälde im Städel Museum 1550–1725“

Im Herbst 2021 ist der zwei Bände und 808 Seiten umfassende Bestandskatalog „Deutsche Gemälde im Städel Museum 1550–1725“ im Deutschen Kunstverlag erschienen. Die Veröffentlichung markiert den erfolgreichen Abschluss der umfassenden Untersuchung von 82 Einzeltafeln aus dem Sammlungsbereich der deutschen Barockmalerei.

Die wissenschaftliche Bearbeitung wurde seit 2015 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und durch den Städelschen Museums-Verein e.V. mit der Christa Verhein Stiftung unterstützt. Wie bei allen vorangegangenen wissenschaftlichen Bestandskatalogen der Alten Meister zeichnet sich auch diese Bestandsbearbeitung durch die enge Verschränkung von gemäldetechnologischer und kunsthistorischer Perspektive aus.

Zum Kern des erforschten Bestandes gehört die herausragende Sammlung von Gemälden Adam Elsheimers. Zu nennen sind zudem Werke von Johann Rottenhammer, Georg Flegel, Paul Juvenel d. Ä., Johann Ulrich Mayr und Johann Heinrich Roos, aber auch Porträts unbekannter Meister aus der Hinterlassenschaft der Frankfurter Patrizierfamilie von Holzhausen. Insbesondere zu Adam Elsheimers Hauptwerk, dem Frankfurter Kreuzaltar, konnten vertiefende und – dank MA-XRF-Analyse – zudem grundlegende neue Erkenntnisse gewonnen und erstmals publiziert werden. Das Projekt wurde von Dr. Almut Pollmer-Schmidt geleitet, die gemäldetechnologischen Untersuchungen nahm Christiane Weber vor.

Leitung
Dr. Almut Pollmer-Schmidt

Gemäldetechnologische Untersuchungen
Christiane Weber, M.A.

Adam Elsheimer
Kreuzaltar, ca. 1603–1605, Städel Museum, Frankfurt am Main

Aktuelle
Restaurierungs-
projekte

Konservierung und Restaurierung ermöglichen, die teilweise sehr fragilen Kunstwerke öffentlich präsentieren zu können, und erhalten die Arbeiten für nachfolgende Generationen.

Pieter Aertsen, „Marktstück mit Christus und der Ehebrecherin“, 1559

Pieter Aertsen gilt als herausragender Vertreter der flämischen Malerei der Renaissance und als Mit-„Erfinder“ der Genre Marktstücke und Kücheninterieurs.

Sein Gemälde ist eines der Hauptwerke der flämischen Malerei der Sammlung des Städel Museums. Seit langem war es auf der Agenda der Abteilung Kunsttechnologie und Restaurierung – Gemälde und moderne Skulpturen, da sowohl das Trägermaterial (Holztafel) als auch die originale Malschicht dringend konservierungsbedürftig waren. Zudem hatten sich bei früheren Restaurierungen applizierte Materialien, wie Firnisüberzüge und Retuschen, durch Alterung verfärbt und waren nachgedunkelt, so dass die Ästhetik der Bildoberfläche nur noch eingeschränkt ablesbar war.

Seit Mitte 2023 wird das Gemälde konserviert und restauriert.

Pieter Aertsen
Marktstück mit Christus und der Ehebrecherin, 1559

Zustand vor Restaurierung 

Detail während der Freilegung

Karel Appel, „Porträt Emmanuel Looten“, 1956

Das Porträt Emmanuel Looten stammt aus der Serie der „Têtes d’orage“ (Sturmköpfe), die Karel Appel zwischen 1955 und 1956 in Paris schuf. Als Bildträger verwendete Appel ein mitteldickes Naturfasergewebe, das er dem Anschein nach eigenhändig aufspannte und grundierte. Charakteristisch für seine Malweise sind wilde, pastose Farbaufträge mit breiten Pinseln und Palettmessern, die eine lebhafte, bewegte Oberflächenstruktur erzeugen. Das zuletzt aufgebrachte, schwarze Farbmaterial drückte er direkt aus der Tube auf die Leinwand. Im Laufe der Zeit war es zwischen den Malschichten und dem Untergrund – abhängig von den jeweiligen Farbbereichen – zur partiellen Schichtentrennung gekommen. Besonders betroffen waren die schwarzen Farbaufträge, die sich vom Untergrund abhoben. Hier waren bereits Fehlstellen entstanden. Außerdem war die Gemäldeoberfläche durch aufliegende und anhaftende Verschmutzungen stark verunreinigt, sodass das ästhetische Erscheinungsbild des Gemäldes maßgeblich beeinträchtigt war. 

Die im Restaurierungsatelier des Städel Museums durchgeführten Maßnahmen verfolgten das Ziel, weiterem Substanzverlust vorzubeugen und die ursprüngliche Wirkung des Werks wiederherzustellen. Gefährdete Partien in der Malschicht wurden daher mit einem Klebemittel gefestigt und es erfolgte eine Oberflächenreinigung. Fehlstellen wurden mit einer Kittmasse geschlossen und schließlich durch Retusche farblich in die umgebenden Bereiche integriert.

Karel Appel
„Porträt Emmanuel Looten“, 1956; Gesamtansicht nach Abschluss der Restaurierung (links), Detail vor der Restaurierung (oben), Detail während der Restaurierung (mittig), Detail nach der Restaurierung (unten)

Adolphe Monticelli, „Ein Anstreicher an einer Hauswand“, 1875

Das kleinformatige Gemälde „Ein Anstreicher an einer Hauswand“, 45,7 × 29,2 cm, wurde mit stark pastosem Farbauftrag von Adolphe Monticelli auf eine Mahagonitafel gemalt, welche zuvor wohl als Füllung eines aus Mahagoni angefertigten Möbelstücks diente. Die Maltechnik des Künstlers beeinflusste offensichtlich den Umgang mit Ölfarbe weit berühmterer Künstler, wie zum Beispiel Vincent van Gogh. Die Farbe ist direkt, ohne Grundierung, auf die Holztafel aufgetragen und im Original vermutlich nicht ganzflächig, sondern nur partiell gefirnisst. Bei einer früheren Restaurierung wurde das Bild ganzflächig gefirnisst. Dieser Firnisauftrag weist eine große Schichtdicke auf, besonders über den deutlichsten Pastositäten, und hat durch sein starkes Nachdunkeln und Vergilben das Kolorit des Gemäldes sehr verändert. 

Bei der jüngsten Restaurierung wurden die später aufgetragenen Firnisschichten unter dem Mikroskop vorsichtig abgetragen und die Gemäldeoberfläche nicht erneut gefirnisst. So erscheint das gesamte Bild wesentlich heller und die Farbigkeit sehr viel kühler, feine Farbnuancen sind wieder erkennbar. Ein der Entstehungszeit des Gemäldes entsprechender Zierrahmen konnte erworben werden und bildet nun mit der Bildkomposition eine harmonische Einheit.

Adolphe Monticelli
„Ein Anstreicher an einer Hauswand“, 1875
Vor der Restaurierung (links), nach Abschluss der Restaurierung (rechts), Rückseite (unten links), Beine des Anstreichers vor (unten mittig) und nach Firnisabnahme (unten rechts)

Guido Reni, „Christus an der Geißelsäule“, ca. 1604

2022 wurde das zweijährige Projekt zur Untersuchung, Konservierung und Restaurierung des Gemäldes „Christus an der Geißelsäule“ von Guido Reni abgeschlossen. Ziel des Projektes war die Verbesserung des ästhetischen Erscheinungsbildes, welches unter den Folgen von Materialalterung und mehrfachen Altrestaurierungen stark gelitten hatte. Nachdem im Vorjahr der technologische Bestand und der Zustand des Gemäldes mithilfe umfassender naturwissenschaftlicher Analysen aufgearbeitet worden waren, konnte 2022 die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen fortgesetzt werden. 

Zuerst wurde die Entfernung des vergilbten Firnisses und die Reduzierung von störenden Übermalungen und Altretuschen beendet. Im Anschluss wurden fragile Malschichtschollen gefestigt. Abschließend erfolgte die strukturelle und farbliche Integration von Fehlstellen anhand einer Kittung und Retusche. Um dem Gemälde zu neuem Glanz und Tiefenlicht zu verhelfen, wurde ein neuer Firnis aufgetragen. Die feinen Farbnuancen und das Spiel aus Licht und Schatten sind nun wieder sichtbar, ebenso wie die plastische Ausgestaltung des Hintergrundes und die Konturlinien detailreicher Malschichtpartien. Gefasst in einen neuen Zierrahmen ist die qualitätvolle Malerei Renis nun wieder erfahrbar. 

Zu sehen war das frisch restaurierte Gemälde in der Ausstellung „Guido Reni. Der Göttliche“ (23. November 2022 bis 5. März 2023). Die Restaurierung wurde durch das „Art Conservation Project“ der Bank of America großzügig gefördert. Der Zierrahmen konnte durch die Unterstützung von Andreas Dreyer und Waltraud Schwendler sowie Alexandra Junior erworben werden.

Bei einem Livestream aus der Restaurierungswerkstatt des Städel Museums gaben die Restauratoren Lilly Becker und Stephan Knobloch sowie Bastian Eclercy, Kurator der Ausstellung „Guido Reni. Der Göttliche“, spannende Einblicke in die Restaurierung und die Geschichte des Werks.

Guido Reni
Christus an der Geißelsäule, ca. 1604

Gemäldetechnologische Untersuchungen zum Bestandskatalog deutscher Barockmalerei

2022 wurden die Arbeiten für den Bestandskatalog zur deutschen Barockmalerei weitergeführt – hier übernimmt die Restaurierung die gemäldetechnologischen Untersuchungen mittels Mikroskopie, Ultraviolett, Infrarot und Röntgen und stellt die Befunde in Form von Textbeiträgen vor.

Seit November 2019 werden in der Abteilung Analysen an Kunstwerken mittels Mikro-Röntgenfluoreszenz durchgeführt. Hierfür wurde aus Mitteln der Schwiete-Stiftung auf Dauer von vier Jahren eine Doktorandenstelle eingerichtet, eine Förderung, die Ende 2022 auslief.

Bernard Schultze, „Endymion“, 1955

Die Malschicht des Gemäldes „Endymion“ von Bernard Schultze befand sich in einem äußerst fragilen Zustand, der zur Konservierung und Restaurierung Anlass gab.

Recherchen zur Maltechnik Schultzes ergaben, dass er bis 1957 seine Farben selbst aus Pigmenten und Leinöl anrührte und dem sogenannten „Farbbrei“ manchmal auch Sand hinzumischte. Nachdem er die Farbe auf die Leinwand aufgetragen hatte, übergoss er einige Partien mit Terpentin. Bei „Endymion“ ist zu beobachten, dass er neben dem Farbauftrag mit dem Pinsel die Malfarbe auch auf die liegende Leinwand schüttete und tropfte. Die Farben verschwammen ineinander oder bildeten tropfenartige Laufspuren. Im Laufe der Zeit lösten sich einige dieser Tropfen vom Untergrund und standen dachförmig auf. Außerdem bildeten sich Fehlstellen in der Malschicht.

Die im Restaurierungsatelier des Städel Museums durchgeführten Maßnahmen verfolgten das Ziel, weiterem Substanzverlust vorzubeugen und die ursprüngliche Wirkung des Werks wiederherzustellen. Gefährdete Partien in der Malschicht wurden daher mit einem Klebemittel gefestigt, Fehlstellen mit einer Kittmasse geschlossen und schließlich durch Retusche farblich in die umgebenden Bereiche integriert.

Bernard Schultze
Endymion, 1955

Wassily Kandinsky, „Kallmünz – Hellgrüne Berge“, 1903

Das frühe, kleinformatige Landschaftsbild von Wassily Kandinsky stammt aus dem Vermächtnis von Ulrike Crespo und ist mit stark pastosem Farbauftrag in Öl gemalt. Als Träger dient eine Malpappe, auf die einseitig eine vorgrundierte Leinwand kaschiert ist, welche als Untergrund für die Bildkomposition dient.

Bei einer früheren Restaurierung wurde ein Naturharz-Firnis aufgetragen, der inzwischen sehr vergilbt und nachgedunkelt ist. Der Firnis beeinträchtigte das ursprüngliche Kolorit des Bildes und wurde deshalb vorsichtig von der Gemäldeoberfläche abgenommen. Nach Abschluss der Restaurierung wurde eine Kopie eines zu Anfang des 20. Jahrhunderts üblichen Rahmenprofils angefertigt, in der das Gemälde nun in seiner ursprünglichen Farbigkeit präsentiert wird.

Wassily Kandinsky
Kallmünz - Hellgrüne Berge, 1903

Ernst Ludwig Kirchner, „Kopf Erna“, 1912

An Originalen zu arbeiten ist grundsätzlich ein Privileg. Es erlaubt, dem Künstler sehr nahezukommen. In diesem Fall Kirchner, der seine Bewunderung für Erna Schilling mit ins Holz schnitt. Das einfühlsame Bildnis prägen klare Flächen und kurze Parallelschnitte sowie ein heute zartes Kolorit, das der Künstler mit Pinsel und Deckfarben anlegte. Es handelt sich bei dem Werk um einen Handdruck. Doch Arbeiten auf Papier altern, oft zeigen sie zudem Spuren früherer Montierungen und älterer Restaurierungen.

Hingen die Werke gerahmt in den Räumen früherer Eigentümer, dann hat auch das Sonnenlicht nicht selten seine schädliche Wirkung entfaltet. Auf den ersten Blick war bei der gerahmt und unter Passepartout liegenden Arbeit nur eine allgemeine Verbräunung zu verzeichnen. Ausgerahmt zeigten sich allerdings eine streifenartige Verbräunung, die durch Lichteinfall entlang des Passepartoutfensters entstanden ist, sowie Spuren eines früheren Wasserschadens. Insbesondere entlang der oberen Kante wurden dunkle Wasserränder und Flecken sichtbar, während der Papierton in diesem Bereich um einige Stufen heller war. Auf der Rückseite des Werkes befanden sich entlang der Oberkante alte Montierungen und Klebereste.

Die Herausforderung bestand darin, die Verbräunung, den Passepartoutschatten, vor allem aber auch die Spuren des Wasserschadens zu reduzieren, ohne Druckfarbe, Kolorierung oder Bezeichnungen und Stempel zu gefährden. Auch die starken welligen Verwerfungen im oberen Blattbereich sollten durch die Entfernung des Klebstoffs dezimiert werden. Nach der Abnahme der alten Montierungen und der Reduzierung der Klebereste wurde das Blatt partiell auf einem Niederdrucktisch behandelt. Durch eine Lochplatte wird dabei mit dem Pinsel aufgebrachte Feuchtigkeit – Wasser oder Lösungsmittel – durch Unterdruck in eine Zwischenlage aus Löschkarton gezogen. Verbräunungen und Flecken lösen sich dabei aus dem Papier und wandern in den Löschkarton. Dadurch ist eine zwar zeitintensive, jedoch hochkontrollierte lokale Behandlung möglich. Durch die Behandlung ist der Holzschnitt nun stabilisiert und sein Zustand verbessert. Die Restaurierung der Erna machte es möglich, dass dieses einzigartige Werk einen gebührenden Platz in der Ausstellung „Zeichen der Freundschaft“ (24. November 2021 bis 6. März 2022) erhalten hat.

Ernst Ludwig Kirchner, Kopf Erna, 1912

Ernst Ludwig Kirchner
Kopf Erna, 1912

Restaurierung im Städel

Restaurierung von Gemälden und Moderner Skulptur im Städel Museum

Zeichnung, Grafik, Fotografie

Die Graphische Sammlung des Städel Museums beherbergt über 100.000 Arbeiten auf Papier vom 14. bis 21. Jahrhundert. Dazu zählen ca. 25.000 Handzeichnungen, Aquarelle und Pastelle sowie über 70.000 Druckgrafiken. Die Sammlung Fotografie umfasst über 5.500 historische und zeitgenössische Werke.

Damit die fragilen Werke auch für die nächsten Generationen so ursprünglich wie möglich erlebbar bleiben, sind präventive Maßnahmen nötig: Der schädliche Einfluss von Licht kann durch eine reduzierte Ausstellungsdauer und entsprechend gedimmtes Licht vermindert, Schäden am Werk können durch kontrollierte klimatische Bedingungen sowie die Verwendung von hochwertigen Materialien beispielsweise bei der Montierung vermieden werden. Auch deshalb werden Arbeiten auf Papier stets in Passepartouts oder speziell angefertigten Mappen aufbewahrt.

Um den Erhalt der Werke dauerhaft zu sichern, müssen nach heutigem Wissensstand unsachgemäße oder gealterte Montierungen oder Hinterklebungen, Verschmutzungen und Risse, die beispielsweise durch die Aufbewahrung in nicht ganz passenden Mappen entstanden sind, und durch lange Hängungen im Tageslicht entstandene Lichtschäden behandelt werden.

Darüber hinaus werden in der Grafikrestaurierung Zeichnungen und Druckgrafiken hinsichtlich der verwendeten Zeichenmittel, des Papiers und des Werkprozesses kunsttechnologisch untersucht. Diese wissenschaftlichen Analysen, die zur heutigen akademischen Ausbildung und dem Studium der Papierrestaurierung gehören, sind für die weitere Behandlung der Werke essenziell, sie liefern aber auch für die kunsthistorische Forschung wichtige Erkenntnisse.

Gemälde und moderne Skulpturen

Die Abteilung Kunsttechnologie und Restaurierung – Gemälde und moderne Skulpturen des Städel Museums betreut einen Bestand von mehr als 3.000 Gemälden und dreidimensionalen Objekten aus der Zeit vom 14. Jahrhundert bis zur unmittelbaren Gegenwart sowie zahlreiche Dauerleihgaben, die in die Museumssammlung integriert sind.

Eine zentrale Aufgabe der Museumsrestauratoren ist die Entwicklung von Konzepten zur präventiven Konservierung. Dabei werden die Bedingungen optimiert, unter denen Kunstwerke in Galerie- und Depoträumen präsentiert und aufbewahrt werden. Dies betrifft beispielsweise Fragen zu Raumklima und Lichtschutz. Hinzu kommt die durch Globalisierung und Klimaerwärmung international begünstigte Migration von Schädlingen, die in vielen Museen zunehmend zum Problem werden. Im Städel Museum mussten Strategien zur Bekämpfung sogenannter Papierfischchen entwickelt werden; an der Ausarbeitung des entsprechenden Integrated Pest Management (IPM) waren die Restaurierungswerkstätten im Städel beteiligt.

Darüber hinaus sind die Restauratoren gefragt, wenn Gemälde und Skulpturen an Partner-Museen in aller Welt ausgeliehen werden. Sie untersuchen und dokumentieren den Erhaltungszustand der Kunstwerke, bereiten sie vor und überwachen bei einer Ausleihe oftmals den Transport „von Nagel zu Nagel“. Ebenso genau dokumentiert wird der Erhaltungszustand von Leihgaben, die das Städel Museum für seine Sonderausstellungen erhält.

Schlagen die Sammlungsleiter des Städel Museums Werke zum Ankauf für die Sammlung vor, so werden diese, wenn möglich, im Restaurierungsatelier auf Erhaltungszustand und Authentizität untersucht. Kann das betreffende Werk nicht zur Ansicht ans Museum geliefert werden, führen Restauratoren oftmals vor Ort eine erste Analyse durch.

Auswahl aktueller
Neuerwerbungen

Im Städel Museum werden Werke aus über 700 Jahren Kunst gesammelt, bewahrt, erforscht und vermittelt. Durch gezielte Ankäufe und Schenkungen wird der Bestand des Hauses kontinuierlich ausgebaut und weiterentwickelt. Eine Übersicht der einzelnen Neuerwerbungen pro Jahr bietet unser Geschäftsbericht.

  • Fritz von Uhde
    Damenbildnis (Porträt Therese Karl), 1890

  • Käthe Kollwitz
    Heraus mit unsern Gefangenen, 1919

  • Werner Tübke
    Beerdigung im winterlichen Tienschan-Gebirge, 1962

  • Hanna Nagel
    o. T. (Die ganz alte Frau), 1927

  • Ottilie W. Roederstein
    Ergebung, 1918

  • Heinrich Hoerle
    Vordermann, 1932

  • Leiko Ikemura
    Floating Face, 2009

  • Serge Poliakoff
    Composition abstraite, 1961 – 1966

  • Andreas Mühe
    Unterm Baum, 2008

  • Mary Ellen Best
    Der Italiener-Saal im alten Städelschen Kunstinstitut an der Neuen Mainzer Straße, ca. 1838 – ca. 1839

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